Die Mit-sich-selbst-Sprache

"Da stehe Ich mir selbst im Weg" - jeder hat diesen Satz schon einmal gesagt und gehört. Er kommt uns selbstverständlich vor. Wenn ich mir etwas Zeit nehme und ihn genau betrachte, habe ich einen ganz normalen Satz vor mir: Es gibt ein Subjekt, ein Objekt und ein Verb. Nur dass all die Subjekte und Objekte ein und die selbe Person sind, nämlich Ich-Selbst. Wer ist dieses Ich und wer ist dieses Selbst, das sich da im Wege steht? Und was ist dann mit mir gemeint?

Es wohnen und agieren wohl verschiedene Protagonisten in meiner Seele. Einer möchte wo hin gehen - das Selbst - und einer stellt sich diesem in den Weg - das Ich. Einer möchte sich auf einen Weg machen, der andere möchte ihm dort im Wege stehen. Außerdem gibt es noch einen, der das alles beobachtet, erzählt und kommentiert. Wer hat jetzt recht, auf wenn soll ich hören? Bin ich das Ich und stehe mir damit im Weg. (Was bedeutet jetzt gleich dieses mir?) Oder bin ich eigentlich das Selbst - aber warum sage ich dann Ich und nicht Selbst zu mir? 

Und wenn ich jetzt frage: Auf wenn soll ich hören? Wem kann ich vertrauen? Wer ist jetzt wieder dieses Ich das fragt? Ist das Ich nicht eigentlich jemand, der dem Selbst im Wege steht und damit ein unangenehm bremsender Zeitgenosse? Oder ist es gut, dass da jemand bremst und mich vor unbedachten Handlungen oder Gedanken schützt? Warum will dieses Ich jetzt auf jemanden hören? Wer da drin meint es gut mit mir? 

Soll ich jetzt gehen oder mir lieber selbst im Wege stehen?

Verwirrt springe ich von Ich zu Selbst und Selbst zu Ich. Nur allein noch mehr Möglichkeiten und Informationen zu haben, hilft mir nicht weiter. Wer ist jetzt wieder dieses Mir? Ich traue mich schon gar nicht mehr Personalpronomen zu benutzen.

Also, wer ist da eigentlich am "inneren Mikrofon"? Wer hat die Hoheit zu allen zu sprechen und mich auch noch nach außen zu vertreten? Wer diktiert diesen Text? Und wer stellt all diese Fragen? 

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Lange habe ich nachgedacht, wie ich diese Verwirrung auflösen kann. Ich bin jetzt so mit mir verblieben - (oder soll ich sagen: wir sind so mit uns verblieben?): Das Ich, das sich selbst im Weg steht, ist wohl die meiste Zeit ein etwas hilfloser Pressesprecher, der von einem Problem berichtet. Das Selbst, das nicht voran kommt, ist ein Parlament, mit all seinen vielen, zum Teil kruden Ideen (Autobahnmaut, wilder Sex mit der Nachbarin oder gut bezahlte Beratertätigkeit). Der Vollständigkeit halber bräuchte ich noch einen Regierungschef, der am Ende entscheidet sich weiter im Weg zu stehen oder diesen frei zu machen. Ich hatte dabei kurz an eine Art inneren König gedacht, das aber schnell wieder verworfen. Ich müsste dann ja wieder auf jemanden hören und könnte nicht mehr machen, was ich will. 

Als letztes, ohne Sie damit noch weiter verunsichern zu wollen: Wenn es schon mit Ich und mir und selbst so schwer ist, wo da doch nur eine Person beteilig ist, wie verwirrend kann es dann erst werden, wenn zwei Ichsmirsuns selbst beteiligt sind, z.B in dem Satz: „Ich liebe Dich“