Zu sich kommen

Abend im März

Das silberne Maisstroh vom vorigen Jahr
weht vergessen und schütter wie bleichendes Haar
auf dunkelnden Äckern im Winde.
Vom Dorfe her singt das Gesinde
die ältesten Lieder von Liebe und Tod.
Es bebt in den Pfützen das Abendrot,
und der Entenschrei schnarrt in den Auen.
Verloren im bebenden blauen
schattigen Schilfe ein Taucher weint.
Da erschreckt sich dein Herz so, als wär es gemeint
und erwartet von jeglichen Dingen.
Und leise beginnt es zu singen. 

 

Christine Lavant

Zu Lebzeiten veröffentlichte Gedichte  ISBN (Print) 978-3-8353-1391-0
Herausgegeben und mit Nachworten von Doris Moser und Fabjan Hafner unter Mitarbeit von Brigitte Strasser. 
Wallstein Verlag, Göttingen 2014 www.wallstein-verlag.de